Zum Abschluss eines schweißtreibenden Februars war die Traktor-Elf am Montagabend zum Flutlichtspiel in der Görli-Grube gefordert: Der Klassiker gegen Urbanspor stand auf dem Programm. Die Gastgeber aus Kreuzberg spielen eine sehr passable Saison und haben sich in der Spitzengruppe der Liga festgesetzt.
Nur zwei Tage nach dem Elfer-Krimi bei Horrido schickte Übungsleiter Detta Puppeta folgende Startelf ins Rennen: Käpsele – Samweis, Hulk, Ackerdemiker, Rensenbrink – Herr Albrecht, C-Dog, Dominik, Kannibale, Sokrates – Schwabenpfeil. Tokajer und Young Gun nahmen zunächst auf dem „Bänkle“ Platz.
Von der ersten Minute an ließ die Heimelf erkennen, dass man den Traktor-Spielplan eifrig studiert hatte und man sich der durch saisonal bedingte Fachkräfteabwanderung auf ein Existenzminimum zusammengeschmolzenen Kaderressourcen im Tinto-Lager bewusst war. Die Traktoristen bekamen dies in Form eines lautstark angefeuerten Pressing zu spüren, das Urbanspor bis an den gegnerischen Fünfer durchzog. Diese Taktik trug schnell Früchte und die Gastgeber kamen zu ersten Abschlüssen. Gleich zwei Mal war es Rensenbrink, der brenzlige Situationen in letzter Sekunde entschärfen konnte.
Mit zunehmender Spieldauer gelang es Tinto immer besser, sich aus den zahlreichen Drucksituationen in der eigenen Hälfte zu befreien. Einmal über der Mittellinie boten sich Räume und die Reststrecke zum Sechzehner ließ sich in hohem Tempo überwinden. Diese Umschaltmomente führten zu ersten Gelegenheiten, ein Freistoß aus aussichtsreicher Position und ein Kopfball des Kannibalen brachten jedoch keinen Ertrag. Ingesamt entwickelte sich nun ein Spiel auf Augenhöhe, das torlos in die Halbzeit ging.
Ganz Görli-like brannten pünktlich zum Anpfiff der zweiten Hälfte hinter dem Traktor-Gehäuse die ersten Lunten. Keinen Effekt hatte dies zunächst auf die Traktor-Defensive, die erneut früh attackiert wurde. Wenig später schien die Graswolke hinterm Tor doch zu wirken: Ein folgenreicher Abspielfehler in der eigenen (Hot) Box resultierte in der Führung für Urbanspor – kommt in den zuverlässigsten Viererketten vor!
War der Traktor schon zu Spielbeginn auf der letzten Rille auf den stumpfen Acker gerollt, waren die Bedingungen nun nochmal schwieriger: Es galt mit letzten Kräften einem Rückstand hinterherzurennen. Auf der anderen Seite lauerte ein vom Führungstreffer berauschtes Urbanspor auf die nächste Gelegenheit, das Spiel auf seine Seite ziehen. Konnte das Käpsele zunächst noch einen Schuss von der Strafraumkante über den Querbalken lenken, kassierten die Traktoristen wenig später tatsächlich das 0:2. Eine Ecke konnte zunächst geklärt werden, doch die zweite Hereingabe landete in Flipper-Manier beim Torschützen, der das herausgeilte Käpsele per Lupfer bezwang.
Für Unruhe sorgte im Anschluss der Unparteiische, als er beide Mannschaften zur Plenumsdiskussion über die Gültigkeit des zuvor erzielten Tores rief. Schlussendlich sorgte er jedoch für Enttäuschung unter allen Fans der Basisdemokratie, da seine finale Entscheidung einzig und allein auf der Einschätzung des Torschützens („Niemals Hand!“) fußte. Somit konnte auch der für Kreuzberg 36-Verhältnisse sehr späte Prozess der Bürgerbeteiligung nicht mehr am 2:0 rütteln.
Wenig später bot sich der Heimelf die Chance, den Sack zuzumachen. Nach einem Zweikampf im Sechzehner deutete der Schiri auf den Elfmeterpunkt. Das Käpsele besinnte sich auf den einzig großen TV-Moment seiner Karriere und entschied sich wie im TeBe-Spiel für die richtige Ecke. Dies erwies sich als goldrichtig und gab seinen Vorderleuten den nötigen Schub, das Schicksal auch an diesem Abend in die eigenen Hände zu nehmen. Da war er wieder – der unbändige Traktor-Wille.
Ihrer Sache plötzlich nicht mehr so sicher, ließen sich Gastgeber aus Kreuzberg in der Folge wieder weiter in die eigene Hälfte drängen und überließen den Traktoristen den Ball. C-Dog fasste sich ein Herz, zog mit Tempo in den Strafraum und war nur noch durch ein Foul zu stoppen. Erneut hieß es Elfmeter, diesmal für den Traktor. Der Kannibale nahm sich der Aufgabe an und peilte routiniert die Reuse zum Glück an. Ziemlich verdutzt blickte der Tinto-Anhang drein, als der von ihm getretene Ball nicht im Wohlfühlbereich in den Maschen zappelte, sondern sich über die Oberkante der Latte in Richtung Abendhimmel verabschiedete.
Den Elfer-Schock kaum verdaut, rollten die wütenden Traktor-Angriffswellen erneut. Mitten in diesem Powerplay glänzten Samweis und C-Dog mit einem Moment absoluter Finesse: per doppeltem Doppelpass überwanden sie den Abwehrriegel der Heimelf und C-Dog schob den Ball lässig zum Anschlusstreffer ein. Ein jeder Traktorist glaubte nun an die Möglichkeit, an diesem Abend auch noch den Ausgleich, vielleicht sogar mehr zu schaffen. Die Schlussoffensive war eingeläutet und bescherte den Gästefans mehr als einen „Das wär’s gewesen“-Moment. Trotz guter Chancen sollte an diesem Abend kein weiterer Treffer gelingen. Auch wenn der couragierte Auftritt am Ende nicht mit Punkten belohnt wurde, durften die 13 tapferen Erntehelfer nach Abpfiff Stolz auf die eigene Leistung sein und wurden vom Coach Detta Pupetta mit warmen Worten in die rund zweiwöchige Pflichtspielpause entlassen. Spätestens im Rückspiel auf dem Hauffgrund gilt es, sich für diese bittere Pleite zu revanchieren – Vamos Tinto!