17.06.16 | Medizin Friedrichshain – Traktor 5:0 (2:0)

Prolog: Es war um das Jahr 2005, als ein pummeliger, reichlich mittelmäßig begabter Jugendtrainer beim SV Berliner Brauereien leidlich erfolgreich seine Knabenmannschaft durch die Saisonen brachte. Hier mal eine Anschreie, da mal eine Appellation, dort durchaus Trainingsinhalte. Alles war auf Masche geschaltet, die öffentliche Wahrnehmung glänzte vorrangig durch Behauptung. Also völlig normal die Sache, so wie sie tausendfach in Berlin passierte und noch passiert. Punkte wurden erkämpft, Eltern durften draußen toben, bei Niederlagen grämte man sich publikumswirksam. Langweilig, keine Entwicklung; und alle waren zufrieden – nahmen doch die Leute an, dass die Realität genau so zu sein hatte. Und dann passierte folgendes: Irgendjemand kam auf die Idee, den Ko-Trainer Chef werden zu lassen. Kann man machen, nur hatten es die Buben nun mit einem unscheinbaren 27-jährigen Olaf zu tun, welcher sich durch Schmächtigkeit und vor allem Schweigsamkeit auszeichnete – der komplette Gegenentwurf zum Vorgänger. Dieser Leise (von Beruf Anstreicher) konnte und wollte die Jungs nicht anschreien, nicht vor ihnen rumhampeln und profanste Dinge einbläuen – nein, er hockte sich nachspiels zusammen mit seinen Spielern hin und erklärte ganz ruhig seine Sicht auf die Dinge. Klar, kurz, schlüssig. Natürlich verstanden ihn seine Schützlinge nicht, sie waren das ja nicht gewohnt; es hagelte 5 derbe Niederlagen in Folge, die Eltern schreien nach Entlassung flink, niemand schenkte dem Typ Vertrauen. Am schlimmsten für alle war, dass Olaf von draußen ganz nebenbei einzelne Spieler informierte, schreiend leise, fast wispernd. Die stolzen Knaben beschwerten sich öffentlich über soviel Zaghaftigkeit, wollten gewohnt geführt und behandelt werden in ihrer BarcelonaHertha-Haftigkeit. Aber ganz langsam, quasi tröpfchenweise begannen einzelne erst und dann mehrere, einfach mal hinzuhören und sich nicht mehr mit sich selbst zu beschäftigen. Sie achteten fortan immer mehr auf die Kommandos von draußen, hingehaucht von einem Menschen, welcher zu geben hatte; und nicht etwas nahm für seine eigene Show. Brauer wurden sortiert und sortierter, fassten Vertrauen plus Zuversicht und tatsächlich stellten sich ab da rasch Erfolge ein. Am Ende hatte Olaf aus einer unterbelichteten Truppe eine Mannschaft gemacht, welche wie weiland Klapperzahns Wunderelf alles in Grund und Boden spielte. Die Rangen waren umgekrempelt, gewöhnt nun an den leisesten Hinweis von draußen und befolgten den wie einen donnerhalligen Befehl; und es wurde gut. Blöd nur, dass die Verantwortlichen bei den Brauern nicht richtig verhandelt hatten, denn nach einer Spielzeit war Olaf weg. Bedankte sich noch, entschuldigte sich auch, erklärte seine Gründe – aber er „musste“ gehen, hatten doch die Scouts von Tennis Borussia etwas gesehen, was fortan viele Etagen höher den Berliner Jugendfußball verzücken sollte.

Zum Spiel heutigen: Die Mediziner spielten bei Laskers einen freudigen Ball, schnörkellos, einsatzfreudig, konkret. Belohnten sich mit fünf teilweise wunderhübsch wiewohl schnell herausgespielten Törchen. Höhepunkt war das Letzte – brillant per Rückfallzieher (Nr. 87) eingesemmelt. So etwas sieht man selbst in der Glotze eher selten. Traktoristen wechselten Positionen, Spieler, Kondition, Wille und Spielwitz immer mal hin und her, kaum mit Ertrag. Und nun ist es ja so: die Absteiger stehen fest und der Meister auch (Gratulation an Hertha 03!). Vielleicht lähmt das ein wenig, eventuell ist die Luft allerorten raus. Aber die 2. Saison ist immer die schwerste und Ihre Sportredaktion erinnert gerne an dieser Stelle daran, dass zwar auch die erste schon in die Hose gehen (siehe LiRa und Grünweiß), jedoch am Beispiel vom Adlershofer BC nachgewiesen werden kann eine formidable Weiterentwicklung und Bündelung von Kräften; die Jungs aus Oberspree sind fit und deswegen immer besser geworden und nunmehr richtig im Oberhaus angekommen. Wie machen das Traktoristen ab September? – Deren heutige Vertreter waren: Herr Pupetta (Torwächter für eine Halbe), Sammerle (6 Minuten Einsatz, dann verletzt runter), Linde mit brennenden Hufen, Werfer, Blutendes Blond, MatzeDonier, Coronas Rippe, Löwenherz, Sphinx, die Fulda, der Tokajer, FabiZwoo, Tommy, die Fulda sowie Mitch (hütete die Box in Halbe 2). Und: der Trevor Francis spielte mit – vorbildlich bescheiden, wie je ohne Lamento auf dem Teppich. Da kann man sich durchaus eine Scheibe abschneiden… Referee Thomas Sohr bekommt übrigens Bestnoten heute und wir wollen doch immer mal wieder betonen und würdigen den Einsatz dieser sportlich engagierten Bürger, welche vom VFF in die Manege geschickt werden und sich schicken lassen. Prinzipiell, danke, Punkt.

Epilog: Wenn der Blitz einzuschlagen droht, kannst du dich entscheiden, ob du Blitzableiter sein willst oder besser zum Haus gehörst. Ihr Autor, lieber Leserin, zumindest weiß, wo dein Haus wohnt: in einem Land der Demut und auf dem Fundament der Überzeugung. Glückauf und eine Pastis darauf.

Post scriptum: eine Edelfannin aus Alt-Pankow wird schmerzlich vermisst.