„Arbeiter-Bewejung“
Während Sparta Lichtenberg seit 100 Jahren de Arbeitersportler bewecht, wozu ick natürlich ooch mein herzlichstes „Sport frei!“ ‚rüberrufe! (Icke wollte mit euch mal wat am
„Pumphäuschen“ anne Kynaststraße bewejen.), sollten Se in de Arbeitawohnsiedlungen damals eher stillehalten. Eenerseits: De Fabrikbesitzer brauchten Stamm- und Fachpersonal,
für de immer komplizierter werdenden Technolojien; junge Landarbeiter, die bis dahin inne Großfamilie des Bauern lebten, konnten erstmals eene eigne „kleene Familie“ jründen.
Andrerseits: De Arbeeter wurden abhängig. Verlorn se den Job, verlorn se ooch de Wohnung. Se mussten sich sehr opportun jejenüber de Fabrikherrn verhalten, die eenen nich
unbeträchtlichen Einfluss uffe Lebensjewohnheiten ihrer Arbeiterschaft erhielten! Mit jejründeten Lese-, Musik- und Jesangvereine brachten se „ihre Arbeeter“ neben de materiellen
auch in eene jeistige Abhängigkeit. Die ersten Straßennamen in de Victoriastadt sind een beredtes Beispiel für den Versuch der „Verbürgerlichung des Proletariats“. Allet vom
Feinsten! „Wieland Backes“, sozusagen…Et jab ne Kantstraße (seit 1947 Kaskelstraße), natürlich ne Schillerstraße (das Stück der Pfarrstraße bis zur Marktstraße), eene Goethestraße
(die Kernhofer Straße), eene Lessingstraße (die Spittastraße) sojar eene Mozartstraße (heutige Geusenstraße).
Und natürlich jab et ooch eene nach ‚m Schriftstella Wilhelm Hauff, aba die hat man wohl wejen det besondre Verhältnis von Traktor zu de Romantik so belassen…
Aba mit Stillehalten konnte keener dem Elend entkommen. „Um 1870 lebte ein Fünftel der Berliner Einwohner, 162 000 Menschen, der Großteil der ,,arbeitenden Klasse“, in ,,überbevölkerten Kleinwohnungen“, regelrecht zusammenjepfercht in vier Wänden. Auf ein Zimmer mit Küche – beim Fehlen von jenüjend Toiletten und unentjeltlichem Wasseranschluss – kamen durchschnittlich siebeneinhalb Personen. Berlin erschien kritischen Zeitjenossen als ,,eene Unsumme von Unkultur, wie sie inne Wohnverhältnisse der Menschheit noch nich dajewesen is“. Um daran (und vielem anderen) wat zu bewejen, mussten de Proletarier nach ’ner politischen Heimat suchen!
Aus dem „Bund der Gerechten“, von Wilhelm Weitling jejründet, war off Anrejung von Karl Marx, Friedrich Engels und Wilhelm Wolff 1847 der „Bund der Kommunisten“ jeworden, der
bis 1852 existierte und als „Vater und Mutter“ aller späteren sozialistischen und kommunistischen Parteien inner janzen Welt und als Vorläuferorjanisation der ebenfalls von Marx und Engels inspirierten und 1864 jejründeten „Internationalen Arbeiterassoziation“ (IAA) gilt; der „ersten Internationale“, sozusagen. Doch nach der 1848/49er Revolution wurden der noch sehr jungen, zahlenmäßig schwachen, uneinheitlichen und zersplitterten deutschen Arbeiterbewejung alle Ansätze zu Arbeitervereinijungen verboten. 1863 konnte Ferdinand Lassalle den ,,Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein“ jründen, der der idealistischen-kleinbürgerlichen Lehre folgte, „gegen die Bourgeoisie könne das Proletariat auch mit Hilfe des bestehenden Staates seine soziale Lage verbessern“. Die anne Veränderung der Jesellschaft Orientierten zog et zum „Verband Deutscher Arbeitervereine“ aus dem, vor allem unter Wilhelm Liebknechts und August Bebels Führung, im Aujust 1869 in Eisenach die Sozialdemokratische Arbeiterpartei wurde. Von wo aus sich der ältere Liebknecht und der erst dreißigjährige Drechslermeister Bebel aus Leipzig die sozialdemokratischen Plätze im Norddeutschen Parlament im preußischen Berlin mit den Lassalleanern Schweitzer, Fritzsche, Hasenclever und Mende teilten.
Politisch hatten de Arbeeter also ihre „Liga“ jeschaffen! Regional, national und international!
Off’n Fußball müssen wa alle noch ’n bissken warten…
Heli Lichtstrahl, 13.6.2011