KulturJut Dreizehn

Kulturjut 13„Rummi, det Rummelsburjer SeeUnjeheuer“

Rummi: (singt) „Und käm’s Berliner Kind hinaus – ins Glücksland ohne Weh, es kehrt zurück ins Vaterhaus, am grünen Strand der Spree!“

Heli: Rummi! Alte Amphibie! Hat TRAKTOR jetzt ’ne Sektion Wasserball?

Rummi: Ha, ha, ha, du bist nicht witzig, Heli.

Heli: ’n schönet Lied haste da jesung‘.

Rummi: ’n alter Berliner Gassenhauer.

Heli: Ham‘ wa uns ja lange nich‘ jesehn, seit 2006, am Grabe von Dein Vadder, olle „Bofi“, offn Stralauer Friedhof.

Rummi: Armer Manfred, Fünfundsechzig! Das ist doch kein Alter! Heutzutage! Aber wenn „Bofi“ mein Vater sein soll, dann hab ich ja noch dich, und du bist wenigstens „meine
Mutter“.***

Heli: (gerührt) Ick bin ja ooch stolz off Dia! Bist ja selba een KulturJut, hab da off de Startseite bei TRAKTOR jesehn!!!

Rummi: (stolz) Eine Titelseite in der Fußballzeitung! Fußball war ja das erste, was ich hörte und sah! Ach, das war schön, als wir vom Pumphäuschen am Paul-und-Paula-Ufer immer
über den Zaun bei Sparta geschaut haben!

Heli: Du hast ja deinen Rüssel imma überall rinjesteckt!

Rummi: Und dann war Sparta auf einmal weg. Und ich habe sie lange gesucht. Und bin bei TRAKTOR in der Hauffstraße gelandet. Hatte nur etwas Hemmungen, mich zu zeigen, wegen
meiner kurzen Beine. Und was machst du bei TRAKTOR?

Heli: Ick erzähle üba Kultur, über de Arbeiter-Bewegung.

Rummi: Und den Arbeiter-Sport. Also, wie die Baufirma Phillip Holzmann 1896 anfing, meine Röhre zu bauen, brauchten sie nur völlig gesunde Arbeiter!

Heli: Deine R ö h r e ? Jesunde Arbeeta!?

Rummi: Ja, ick wohn‘ doch nun in dem Tunnel für die Straßenbahn unter der Spree von Stralau nach Treptow, du weißt doch, die „Tunnelbahn“ oder „Knüppelbahn“ oder „Fisch-Zug“. (tutet wie ’ne alte Eisenbahn) Gut, 1899 war noch keen Wohnen, Baustelle!

Heli: Na, eben wie heute.

Rummi: (fühlt sich abgelenkt) Die Arbeiter schinderten unter Hochdruck, erstmalig in Deutschland im Schildvortrieb, wobei sie mittels Druck das Schild in das Erdreich gepresst haben und dabei das Grundwasser vor dem Schild und der angrenzenden Arbeitskammer durch Überdruck verdrängten. Den trockengelegten Sand haben sie dann durch die Arbeitskammer in den fertigen Tunnelteil und von dort ins Freie gebracht. Da brauchten sie nur gesunde Arbeiter. Übrigens: Nur weil letztlich dieses Experiment geglückt war, durfte die ,,Gesellschaft für den Bau von Untergrundbahnen GmbH“ in Berlin U-Bahnen bauen! Dreiunddreißig Jahre machte die „Berliner Ostbahnen GmbH“ im Tunnel Betrieb. 1932 sank die Zahl der Fahrgäste auf bis zu drei, und die nannten die Bahn seitdem ,,Verwandtenbahn“, weil sich alle Fahrgäste kannten.

Heli: Ick hab mein Leben lang noch nie so viel Hochdeutsch jehört …

Rummi: Ich spreche eben verschiedenste Zungen, aber nicht gespalten! (lacht hintersinnig) Aber seit die Röhre erste Schwächen zeigte und keine Investitionen mehr lohnte, leb‘ ich – bis
auf die Fußgänger bei den Olympischen Spielen 1936 und die Bomben im Februar 1945 – ziemlich ungestört und exklusiv in den speziell geflanschten, eisernen Ringen, die durch
Schraubenbolzen zusammengehalten werden, Durchmesser 3,75 m und der inneren und äußeren Zementmörtelverkleidung auf einer Länge von 195 m, unter der Spree. Immer drei
Meter Sand über der Röhre. Und seit 1996 noch einmal Investoren abgesagt haben und geflutet wurde, ist es mein Paradies!

Heli: Schön flüssig! Du erzählst so schön flüssig. Irjendwie sprechen wa de gleiche Sprache.

Rummi: (gibt sich hochdeutschmäßig geschlagen) Bis wohin in de Jeschichte biste den bisher jekomm‘???

Heli: Na, wo de Arbeeterklasse ’ne starke politische Kraft innerhalb des bürjerlichen Parlamentarismus jeworden is und de politischen Führer in de SPD mehrheitlich für Reformen des kapitalistischen Systems und am Ende sojar fürn Krieg sind.

Rummi: Bis off een Abgeordneten!

Heli: Ja, Kalle Liebknecht.

Rummi: Jenau! Weeste wat, Heli, wir erzähln ab jetze allet jemeinsam! Det ist doch ooch ’n bisscken lustijer zu zweet, oda?

Heli: Na, ma sehn, wat de TRAKTORIANER meenen!

Rummi: Ulkig isset schon, da biste nach een Jahr Arbeeta-Bewegung wieder am Rummelsburjer See jelandet.

Heli: Entwicklung, lieber Rummi, verläuft spiralförmig!

Rummi: Oda wie olle Lenin meente: „Een Schritt vorwärts – zwee Schritte zurück!

Tunneleinfahrt Stralau, Dorfstrasse, Damals Tunneleinfahrt, Tunnelstraße, Heute

Heli & „Rummi“ am 13. März 2012

 

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,,Rummi’s“ tatsächliche Eltern sind natürlich der Fischer von Stralau und das Wasserfräulein des Rummelsburger Sees
Auf die Beschreibung von Holm Gärtner gab der Cartoonist und Grafiker Manfred Bofinger 2000
„Rummi, dem Rummelsburger SeeUngeheuer“ grafische Gestalt,
als langlebigen und lebendigen Geschichten-Erzähler für die Region Boxhagen-Rummelsburg/Stralau
und als Maskottchen für den „Förderverein Wasserpumpe Kynaststraße/,,Paul-und-Paula-Ufer“ e. V.
Als der Verein seine Tätigkeit einstellte, verschwand „Rummi“ in der Versenkung,

bis er 2012 bei TRAKTOR BOXHAGEN wieder . auftauchte …