Karl Marx „Traktor“ janz nah
Ick meene ooch räumlich! Als a nämlich 1837, von April bis Herbst 1837, im Dorfe Stralau (damals Stralow), Stralau 11, Gasthof Schulze, und inne Nummer 4 lebte. Na jut, „Traktor
Boxhagen“ war noch nich da, aba heute, janz jejenwärtig, teil ick de Freude der Marx-Engels- Forscher, die im Verein Helle Panke in Berlin kürzlich zu eener zweitägigen Konferenz
Wissenschaftler aus Europa und Asien einjeladen ham, üba det Erscheinen eenes neuen Bandes der Marx-Engels-Gesamtausgabe, Band IV/26. Im „Index Translationum“ liejt Kalle
heute off Platz 29 – noch vor Friedrich – aller Bestseller-Autoren!
Die Bedeutung Marxens konnte keener besser zusammenfassen als sein „Adjutant“ Engels: „Wie Darwin das Gesetz der Entwicklung der organischen Natur, so entdeckte Marx das
Entwicklungsgesetz der menschlichen Geschichte; die bisher unter ideologischen Überwucherungen verdeckte einfache Tatsache, dass die Menschen vor allen Dingen zuerst
essen, trinken, wohnen und sich kleiden müssen, ehe sie Politik, Wissenschaft, Kunst, Religion usw. betreiben können; dass also die Produktion der unmittelbaren materiellen
Lebensmittel und damit die jedesmalige ökonomische Entwicklungsstufe eines Volkes oder eines Zeitabschnittes die Grundlage bildet, aus der sich die Staatseinrichtungen, die
Rechtsanschauungen, die Kunst und selbst die religiösen Vorstellungen der betreffenden Menschen entwickelt haben und aus der heraus sie auch erklärt werden müssen – nicht, wie
bisher geschehen, umgekehrt. Marx entdeckte auch das spezielle Bewegungsgesetz der heutigen kapitalistischen Produktionsweise und der von ihr erzeugten bürgerlichen
Gesellschaft. Mit der Entdeckung des Mehrwertes war hier plötzlich Licht geschaffen, während alle früheren Untersuchungen sowohl der bürgerlichen Ökonomen wie der
sozialistischen Kritiker im Dunkel sich verirrt hatten. (…) Marx war vor allem Revolutionär. Mitzuwirken, in dieser oder jener Weise, am Sturz der kapitalistischen Gesellschaft und der
durch sie geschaffenen Staatseinrichtungen, mitzuwirken an der Befreiung des modernen Proletariats, dem er zuerst das Bewusstsein seiner eigenen Lage und seiner Bedürfnisse, das
Bewusstsein der Bedingungen seiner Emanzipation gegeben hatte – das war sein wirklicher Lebensberuf.“
In Berlin war Karl von Oktober 1836 bis März 1841 und vor allem jung; zuerst hat er studiert und so intensiv, det sich sein Vata sorjte und der Arzt ihm Stralau empfahl. Die am 10.
Oktober 1810 unter französischer Besatzung jejründete Berliner Universität jenoss einen ausjezeichneten Ruf. In de dialektischen Methode Hegels findet Karl „die ganze natürliche,
geschichtliche und geistige Welt als einen Prozess, d. h. als in steter Bewegung, Veränderung, Umbildung und Entwicklung begriffen, dargestellt.“ (Engels) Dabei konnte er, Dutzende
Bogen schreibend, auch ruhig wieder sein Werk vernichten. Es waren ooch Autoritäten der Zeit, durch die er im „Doktorklub“ des Café Stehely am Gendarmenmarkt oder im Salon der
Bettina von Arnim stetig seinen Horizont erweiterte. Er jenießt det Theater in Berlin und huldigt seiner in Trier verbliebenen großen Liebe, Jenny von Westphalen, mit eene Volksliedersammlung. Jewohnt hat er mehrheitlich in „offiziellen Studentenwohnungen“, so in der Mittelstraße 61, der Alten Jacobstraße 50, der Mohrenstraße 17, der Luisenstraße 45a,
der Charitéstraße 10, der Schützenstraße 68 und in der Markgrafenstraße 59. Mit Regierungsantritt Friedrich Wilhelm des IV. verschärfte sich die politische Situation in Berlin. Karl wird sich mehr und mehr von der Universität freimachen und seine Dissertation über die „Epikureische Philosophie“ am 6. April 1841 bei der Universität Jena einreichen, und wenige Tage später wird er als „trefflicher und gelehrter Karl Heinrich Marx aus Trier mit Ehren, Würde, Rechte und Privilegien eines Doktors der Philosophie…“ Berlin verlassen. Als er im Aujust 1848 wiedakam nach Berlin, war’n ooch durch Berlin die Märzstürme der Revolution jefegt, Karl hatte den Weg zur Publizistik und dem Journalismus einjeschlagen und wurde per Haftbefehl in Preußen jesucht. Aus dem jungen Doktor der Philosophie war der Todfeind der bürgerlichen Jesellschaft jeworden, für deren notwendijen Unterjang durch die revolutionäre Befreiung der Arbeiterklasse er den wissenschaftlichen Beweis erbrachte. Er hatte den „Bund der Kommunisten“ 1847, in London mitjegründet und det berühmte Manifest mit det „Kommunismus Jespenst“ in de Welt jeschickt.. Auf der Durchreise nach Wien hielt er sich vom 25. bis 27. August im Hotel auf. Nach erfolglosen Bemühungen, die Arbeiterschaft zu bewejen, sich besser als bisher zu orjanisieren, um selbstständiger und erfolgreicher offtreten zu könn‘, war er vom 7. bis 9. September 1848 wieder in uns’re Stadt. Er wohnte hier einer der Sitzungen der Preußischen Nationalversammlung bei und verhandelte mit linken Demokraten, wie August Braß, auch mit Julius Behrends und mit Wladislaw Koscielski, dem Führer der demokratischen polnischen Emigranten.
Als der schwachsinnige König Friedrich Wilhelm IV. am 2. Januar 1861 jestorm und sein Bruder, der verhasste „Kartätschenprinz“ der 48er Revolution, sein Nachfolger jeworden war,
hoffte ooch Karl, wie ville deutsche Emigranten, off die von de preußischen Rejierung anjekündigte Amnestie und mit de Möchlichkeit eener Rückkehr nach Deutschland. Seine
Heimkehr einzuleiten und mit dem Jedanken, jemeinsam mit Marx und Engels in Berlin eine Zeitung herauszujeben, lud Ferdinand Lassalle Karl Marx nach Berlin ein, wo er vom 16.
März 1861 bis zum 13. April illejal Jast in dessen Wohnung inne Bellevuestraße 13 war.
Nachdem er für vier Wochen in Karlsbad Heilung seines chronischen Leberleidens jesucht hatte, war er jemeinsam mit seiner jüngsten Tochter Eleanor vom 26. bis 28. September 1874
noch einmal illejal in Berlin, det nunmehr de Hauptstadt des Deutschen Reiches jeworden war. Als Karl Marx diesmal de Jrenzen Deutschlands verließ, war es ein Abschied für immer.
Am 14. März 1883, nachmittags, ein Viertel vor Drei starb Karl Marx in London, ruhig in seinem Sessel sitzend, nachdem bereits zwei Jahre zuvor seine Frau Jenny von ihm jejangen
war. An seinem Grabe in London schloss der „Adjutant“ seine Rede mit de Worte: „Regierungen, absolute, wie republikanische, wiesen ihn aus, Bourgeois, konservative, wie
extrem-demokratische, logen ihm um die Wette Verlästerungen nach. Er schob das alles beiseite wie Spinnweb, achtete dessen nicht, antwortete nur, wenn äußerster Zwang da war.
Und er ist gestorben, verehrt, geliebt, betrauert von Millionen revolutionärer Mitarbeiter, die von den sibirischen Bergwerken an über ganz Europa und Amerika bis Kalifornien hin
wohnen, und ich kann es kühn sagen: Er mochte noch manchen Gegner haben, aber kaum noch einen persönlichen Feind. Sein Name wird durch die Jahrhunderte fortleben, und so auch sein Werk!“
So isset, Karl! Und wenn ick erlebe, wie se in „Jottes eijenem Land“ bejinnen, jejen de Banken und de Finanzwirtschaft off de Straße zu ziehen, mit de Parole „Kapitalismus funktioniert nicht!“, möchte ick imma rufen: „Der Kapitalismus funktioniert schon; allerdings immer mit dem Makel der Ausbeutung!“ Ooch wenn et diesmal jejen de Steuermittel der Bürjer jeht…
Heli Lichtstral
13. Oktober 2011