Die Hühnerfrucht auf dem Scheitel

Es begab sich im Jahre 2007 ein butterner Vollmond über die Wiesen Askaniens, um zu bescheinen die Waden von Traktoristen. Jene befanden sich eines herbstlichen Montagabends in Spandau, um dorten gegen die Einheimischen ein Fußballspiel auszutragen. Nun muss man wissen, dass es weltweit kein größeres Aufkommen an Freizeitkickern gibt – gemessen an der Einwohnerzahl; also jeder von uns allen hat definitiv irgendwann schon einmal am Grüngürtel gespielt, ganz sicherlich! Die Spandauer sind eigen wiewohl sympathisch: versonnen in sich ruhend (also den Brandenburger Faktor schon in sich tragend), schlau und manchmal vierschrötig, in jedem Fall so tuend, als sei man schwer von capeeh…

Und es passierte beim Stande von NullNull in der 18. Minute ein kleines Foulchen am Sandokan in weinrot. Dieser Traktor-Stürmer ist schon ewiglich mit dabei und hält seit Äonen sein Zöpfelein in die Winde der von Bauern betriebenen Ebenen rund um Boxhagen. Und wird also gelegt von einer stämmigen gelben Havelweide, umgesenst, hingeworfen, weggeschubst. Damals hinter dem Mond.

Und haucht hin, nebenbei, auch augenzwinkernd: „Sachma, hast duˋn Ei uffm Kopp?“ Um sich aufzurichten dann, den Spandauer fest mit den Guckchen fixierend und selbst bereit zum Satirekampfe nun. Doch ach, was sieht er? Welche Reaktion folgt auf diese doch tödlich beleidigende Frage?  – Nichts. Er sieht nichts, es passiert nichts! Zumindest nicht von Seiten der Spandauer Knaben, welche völlig überfordert von soviel (in ihren Augen & Ohren) Unsinn sich sogleich abwandten und stumpf und roh dem Balle weiter hinterherzujagen gedachten. Gleichwohl durchzuckte ein schräges Gejohle die eigene Mannschaft und einige Weinrote meckerten süß ob der Widererkennung des so gepflegten Humores vom Hauffggrund.

Das Spiel gewann Traktor übrigens 7:3 (Ihr Autor debütierte damals als Linksverteidiger) und noch lange wurde und wird bis heute die Erinnerung an diesen legendären Spruch wachgehalten. Nur: ist Ihnen, lieber Leserin, eigentlich die Herkunft inzwischen klar? Wie kann es angehen, dass ein erwachsener Mann im Wettkampfe zu solch feinen verbalen Mitteln greift? Um für Befremden bzw. Bewunderung zu sorgen? Seien Sie ehrlich – bei allem Wissen um die ursprüngliche Herkunft von Sprichwörtern, Zitaten oder Redewendungen: Sie wissen es nicht, zack! Nicht hier und nicht jetzt und schon gar nicht in diesem Fall! „Hast du ein Ei auf dem Kopf?“ Tja…

In diesem Zusammenhang dürfen wir aus aktuellem Anlass  das Rätsel auflösen nun: war die oben beschriebene Situation geprägt von Liebhabern des schrägen Sinnes, dem lasziven Hang zur Absurdität und dem wachen Geiste bäuerlicher Herkunft geschuldet, so finden wir just in unserer Stadt, nämlich der „Alten Münze“ am Molkenmarkt in Mitte, die historische Ursache heuer! Dort nämlich wird noch bis Oktober eine animierte Ausstellung kuratiert, zu Ehren des 500. Jubiläums eines Malers namens Jan van Aken, besser bekannt als Hieronymus Bosch. Dieser Titan der Phantasie, dieser Meister der Allegorie und phrasierten Empörung, dieser geniale Utopist nun wird uns nahe gebracht und man kann versinken in einer Welt der Finsternis, des Lichtes gleichwohl, der Vermählung von Fisch und Fleisch sowie der undenkbarsten Zusammenhänge, herrlich! Und wer wirklich genau hinzuschauen vermag, wer tatsächlich sich für Details begeistern kann, der nun wird belohnt in einem Quadratmillimeterbereich des Tryptichons von olle Hieronymus: und Sie werden finden können das dargestellte Gleichnis zu Sandokans Spruch damals auf den Schlachtfeldern Spandaus –  ein Mann mit einem Ei auf dem Kopf!  Kein Scheiß!

Warum das allerdings schon im 16. Jahrhundert Thema war und weshalb Freund Bosch sich so dermaßen daran abarbeitete dazumals, überlassen wir hiermit ganz Ihrem Interesse und Recherchevermögen; viel Spaß dabei!

Und nun noch ein Wort zur anstehenden Saison 16/17: Während Traktors Großfeld sich im 2. Jahr erneut wirkungsvoll in der Verbandsliga darstellen möchte (weiterhin unter den Fittichen von Herrn Pupetta) und hierzu fleißig trainiert und sich einer strukturierten Vorbereitung hingibt, dürfen wir doch vehement auf die Besetzung der Kleinfeld-Verbandsliga für unsere 30er hinweisen, oh Gott! Da tummeln sich nämlich die alten Bekannten und gestählten Schlachtrösser von Borussia Berlin, Hajduk, Ballcelona und den schon vorhandenen Konsorten. Dazu gesellen sich Kämpfer aus Lichtenrade und Legionäre des Ölmultis „Gazprom“, alle Wetter… Das wird ganz eng für Traktoristen und von unten klopft zudem schon Sporting Mutante an die Türe.

Freuen Sie sich nun, lieber Leserin, auf die bevorstehende Spielzeit (Mitte September geht’s los) und den neu verdielten Hauffgrund und seien Sie hiermit versichert, dass die Aktivisten des Boxhagener Universums alles geben werden, um Sie nachhaltig zu verzücken. Und sich selbst. Bis dahin grüßt Sie namentlich der Sportredaktion –

Ihr Theo Retisch am 23.8.16.