Willkommen zurück, lieber Leserin – viele Wochen drehte sich ja keine Kugel im Berliner Freizeitballtreten für Jungs. Vor dem heutigen Gig noch bei Onkel Tom durfte Ihr Autor beim Zeitung-Holen ein Telefonat auf dem Trottoir belauschen, welches ungefähr so ging: „Jaja, die Berliner Spießer mögen ja keinen Karneval, finde ich völlig unverständlich, diese Langweiler…“ Und so weiter. Beste Bürgerin: hiermit schmettern wir Ihnen einerseits aus der Sportreduktion ein kräftiges „Helau!“ zu, andererseits verweisen wir auf den durchaus nicht ganz unbekannten feinen Berliner Humor, welcher mithin von allzu offiziell Feierwütigen natürlich in seiner scharfsinnigen Gänze nicht mehr vollständig zu erfassen ist und insofern wenig wahrgenommen werden kann. Schön, man kann Figuren basteln und mit Bongse schmeißen, lässige Verkleidungen erfinden und tagelang nicht arbeiten gehen, aber muß deswegen der ganze Schabernack in einem kulturellen Bürgerkrieg enden? Wir raten an dieser Stelle zu mehr Langmut und stellen die Frage etwas anders: Wie halten Sie es mit Selbstironie? –
Zum Spiel: eine halbe Stunde lang durften alle Anwesenden und Akteure eine Auseinandersetzung auf allerhöchstem Niveau erleben; Gastgeber in Bestbesetzung und Tinto ebenfalls. Taktisch äußerst diszipliniert, achtsam in der Auge/Fuß-Koordination, beherrscht in den Emotionen. Klasse, das sieht man selbst in der Verbandsliga nicht alle Jahre. Allerdings wurde auch recht schnell klar, daß der erste Fehler maßgeblich sein würde und den machten in diesem Falle die Boxhagener. Den Klops dann netzte der Kollege mit der 7 konsequent ein. Hm. Und wie das so ist, flatterten nun bei den Weinroten etwas die Nerven und keine 5min später wurde das Spielgerät unsäglich bearbeitet und messerscharfe Zehlendorfer legten über die Mitte nach. Wirklich interessant zu sehen, wie sich eine offensichtlich begabte Mannschaft so schwer selbst beschädigen kann! Armer Traktor.
Onkel Tom spulte das Geschehen in die Pause und freute sich trotz Chancen-Untergewicht über die erkleckliche Führung.
Gäste-Coach Herr Pupetta griff mit einigen Wechseln nach Wiederantröte gekonnt ein und Traktor stabilisierte sich tatsächlich. Bis auf einen letzten fatalen Ballverlust im Spielaufbau (welcher dann logischerweise das NullDreie bedeutete, 60.min) ackerten sich die Angereisten zurück ins Match: sie wurden zu Eremiten ihrer selbst, waren Mäander in Trance, versunkene Somnambule, sahen die Geister der Zukunft, wurden Arbeiter des Vertrauens und Soldaten ihrer Idee! Die Sphinx nun riß mit Urgewalt das Geschehen an sich und schwang ein gigantisches Zepter, der MatzeDonier betrachtete jeden Zweikampf als Weihnachtsgeschenk und ein allgemeines Rauschen entwickelte sich in den Ohren derer aus Boxhagen. Lohn waren 2 wunderhübsche Törchen durch die Sphinx (lässig in den Knick mittels linkem Huf) und den Läufer (nach überragendem linken Flügellauf der Grinsekatze).
Zehlendorf mußte nochmal kurz anschwitzen, verbrachte aber den Dreier am Ende sicher in den Feierabend. Ein Remis alleine wäre mithin nicht etwa ungerecht gewesen. So konnte Traktor wiederum lernen, das Fußball durchaus in Momenten entschieden wird und der Faktor des Konzentriert-Seins ein erheblicher ist. Der Rest stimmt bei denen, die haben Kraft und Anstand allemal. Gratulation an Hertha, diese Spiele sind mittlerweile rassig und immer irgendwie hochspannend. Referee Weiser übrigens verdiente sich Bestnoten, dürfen wir mal erwähnen!
Mit auf dem Hänger noch: Sir Weiwel, Sammerle, Auge, Gattuso, Pater Gonien, Kannibale, Rensenbrink, Trevor Francis, Pony M, Coronas Rippe sowie Herr Moor. Interessant vielleicht noch zu erwähnen die Anwesenheit des „Großen“ als ambitioniertester Zugucker ewwa. –
So. Berliner Freizeitfußharfisten sind auch Bürger! Schwingen Sie Ihre Pappnase also und vergessen bei all dem realen Unsinn weltweit nie den Spaß. Und wissen bitte immer auch, wann der aufhört. Tschüssi, Ihr Theo Retisch