KulturJut Vierzehn

Kulturjut 14„Nie wieder Krieg!“
 
Rummi: (singt) „Ick jeb‘ zur Wahl de Stimme ab und wundre mir, det ick keene mehr hab‘.“
Heli: Hallo, Rummi, wo kommst du ’n her?
Rummi: Vom Ostermarsch.
Heli: Wat’n, Ostern is doch schon vorbei.
Rummi: Na, det is ’n Ei! Weeste, wie unjeheuer ick demonstriere??? Jejen Tierquälerei, für ’n Frieden, jejen Theaterschließungen, für ’ne fahrbare S-Bahn, für ’n alten Bahnhof, jejen Atomkraft, für det Thälmann-Denkmal, jejen de Nazis, für Günter Grass und „Junge Welt“-Abo’s … Bei de Ostermärsche waren in diesem Jahr wenijer Leute als 2011.
Heli: Bürjaliche Demokratie is eben nur wat für Leute, die Zeit haben! Aba wer hat heutenich‘ mit sein‘ Alltach zu tun? Und det war vor hundert Jahren janz bestimmt nich besser.
Rummi: Weeste noch, off de großen Wiese im Treptower Park?
Heli: Bob Dylan, 17. September 1987, 70 000 Jugendliche! Offiziell …
Rummi: Inoffiziell det Doppelte. Und wat wäre de Friedensbewejung ohne seine Lieda!?Zudem hatta in diesem Monat ooch sein 50jähriges Bühnen-Jubiläum.
Heli: Glückwunsch! De Arbeiterparteien prägten schon immer det soziokulturelle Milieu ihrerAnhänger wie keene andere Partei … gloobste, damit ham de Arbeeta und Bauern in ihrem
Staat offjehört?
Rummi: Die ham det sojar janz ernst jenomm‘! Janze Plenen jab et wejen de Kultur …
Heli: Keen Schritt weita! Zurück, in de Jeschichte … Am 3. September 1911 sprachen KarlLiebknecht und weitere Partei- und Gewerkschaftsfunktionäre off zehn Tribünen vor 200 000
Lohnabhängigen off de Wiese im Treptower Park für die Erhaltung des Friedens, off de bisdahin jrößte Antikriegskundgebung in Deutschland.
Rummi: De französischen und spanischen Sozialisten hatten ville früher zu Massendemonstrationengegen die Gefahr eines Weltkriegs mobilisiert.
Heli: Rosa Luxemburg schrieb jejen det zögerliche Taktieren der SPD-Führung in de,,Leipziger Volkszeitung“ vom 24. Juni und warf dem Parteivorstand vor, aus Rücksicht offde bevorstehenden Reichstagswahlen vor der Agitation gegen die deutsche Kriegspolitikzurückzuschrecken und die Lösung der Marokkokrise mehr oder weniger den Stahlunternehmern zu überlassen.
Rummi: 1912 war de SPD erstmals die stärkste Reichstagsfraktion durch ihre Anhänger aus protestantischen und konfessionslosen Industriearbeitern und dem Mittelstand. Dabei kam
ihnen det dichte Organisationsnetz von Vereinen, och Fußballvereinen …
Heli: …zujute.
Rummi: Wenn so ville Menschen jejen den Kriej sind und de SPD bei de Wahl de meistenStimmen jekriecht hat, wat kann denn da noch im Weje stehn?
Heli: De Parteiführer?
Rummi: Wat ham die jemacht?
Heli: Ihren „Burgfrieden“ mit de Banken und mit de Wirtschaft und verpflichteten sich, für die Dauer des Krieges auf jede Auseinandersetzung mit den anderen Parteien sowie auf jegliche Agitation gegen die Reichsregierung zu verzichten.
Rummi: Und dann bejann der Erste Weltkrieg am 2. August 1914 mit der BesetzungLuxemburgs, bis denn am 4./5. Oktober 1918 Reichskanzler Max von Baden die Alliierten um einen Waffenstillstand ersuchte.
Heli: Rund 4700 Aktiengesellschaften mit rund vier Milliarden Mark Kapital hatten 2,213 Milliarden Mark Nettoertrag! In de Rüstung, bei „Krupp“, kletterte der Profit von 1913/14 bei 31,6 Millionen Mark bis 1916/17 auf 79,9 Millionen Mark, bei de „Deutsche Waffen-und-Munitionsfabrik“ von 5,5 auf 12,7; bei de „Kölner Pulverfabriken“ von 4,3 auf 14,7; bei „Rheinmetall“ sojar von 1,4 auf 15,3 Millionen Mark. „Phönix Ruhrort“ bejann das erste Kriegsjahr mit een Nettogewinn von 15,4 %, erreichte 1916/17 mehr als 52,4 %!
Rummi: Die lieferten natürlich an alle Kriegsparteien!
Heli: Im Juli 1917 forderte selbst der Chef des Kriegsamtes, det de staatliche Regulierung der Gewinne unumgänglich sei, da de Unternehmer offenbar nur dem „Gewinnanreiz“, keineswegs aber der „Vaterlandsliebe“, folgten. Man hatte herausbekommen, det die sechzehn wichtigsten Stahl- und Montanbetriebe ihren „Friedensjewinn“ bis 1917 um ausjewiesene 800% steigern konnten. Wobei de Realjewinne noch höher lagen, weil ein Jutteil des Profits in Rücklagen und im Aktienkapital versteckt worden war, bevor er publiziert wurde.
Rummi: Hört, hört! Und wer hat det bezahlt?
Heli: Det ham von weltweit 875.971.800 betroffene Menschen 9.340.916 Soldaten und 7.874.330 Zivilisten mit ihrem Leben bezahlt. Deutschland beklagte 2.037.700 jetötete und 4.216.058 verwundete Soldaten und 960.000 tote Zivilisten.
Rummi: Übrijens, verheerend im wahrsten Sinne des Wortes waren die Auswirkungen des Weltkrieges auf den Arbeiter Turn Bund und seine Fußballer! Von den 2 411 bestehenden Vereinen 1913 mit 186 958 Mitgliedern waren 1917/18 jerade noch 890 Vereine mit 40 211 Mitgliedern übriggeblieben. Nach’m Jeschäftsbericht des Bundesvorstandes des ATB standen
in vier Kreisen nicht mehr genügend Mannschaften und Funktionäre zur Verfügung, um auch nur in einer Klasse Serienspiele der Bezirke durchführen zu können. Und de SPD hat det allet
abjenickt?
Heli: Mit de Frage „Krieg oder Frieden“ bejann die Spaltung inne Partei. Karl und Rosa wandten sich bereits Ende 1914 janz radikal jejen de Fortsetzung des Krieges und bildeten ab dem 1. Januar 1916 die ,,Gruppe Internationale“, die sich bald den Namen Spartakusbund jab. Ooch der linke Parteiflügel um Hugo Haase lehnte ab Dezember 1915 weitere Kriegskredite
ab und verweigerte die Fortsetzung der Burgfriedenspolitik. 18 Abgeordnete dieser gemäßigten Linken wurden 1916 aus der SPD-Fraktion ausjeschlossen und gründeten de ,,Sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft“. Jespalten wurde die Parteiorganisation im April 1917 mit Gründung der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei (USPD).
Rummi: In Russland werden de Arbeiter und Bauern die Macht übernehmen und endlich mal ’ne neue Gesellschaftsordung offbauen.
Heili: Aba um de „Oktoberrevolution“ soll et det nächste Mal jehen. O.K.?
Rummi: Wat so ville heißen soll wie O.tschen K.aroscho …
so übasetzen det „Rummi“ und euer Heli
13. April 2012