KulturJut Sieben

„Persönlichkeiten der Arbeiterkultur des 19. Jahrhunderts“
Ehrlich, ick wa schon droff und dran, in’t nächste Jahrhundert zu wechseln! Aba dann dacht‘ ick: Bismarck darf nicht der eenzje blei’m, der zum Thema „Arbeeterkultur“ im 19.Jahrhundert eenen eijenen Beitrag hatte! Friedrich Engels, also ehrlich, obwohl a zwanzig Sprachen konnte, Tourismus-Manager vonBerlin hätte der Mitbegründer des Wissenschaftlichen Sozialismus nich’ werd’n woll’n! Wenn a den Namen schon hörte, spürte er zeitlebens märkischen Sand zwischen de Zähne: „…die Poesie der Natur, die fehlt: Sand, Sand, Sand!!!“ Off de Exerzierplätze der Haupt- und Residenzstadt hatte er ihn auch zur Jenüje schlucken müssen. Vom 1. Oktober 1841 bis 30. September 1842 trächt er jemäß seine staatsbürjerliche Pflicht den Rock des preußischen Königs, beim Stab der Garde-Artillerie-Brigade, der freilich von seinem Vater jekooft und bezahlt werden musste. Besonders jerne wurde de Fußkompagnie zu Paraden vorm preußischen König heranjezogen. Offfällig jrob schrieb der Einjährig-Freiwillige an seine Schwester Marie:„…er habe keine Lust mehr, sich auf dem verfluchten Schloßplatze herumzutreiben…“; (13. April 1951 bis 15.11.1994 Marx-Engels-Platz) Obwohl er auf die „Vergünstigung“ des „Freien Quartiers aus öffentlichen Kosten“ in der Kaserne mittels eines Schecks des Vaters, der rejelmäßig eintraf, verzichten konnte und (mit einem Hund) in Privatwohnungen, wie Albrechtstraße, Oranienburger Straße oder Am Schiffbauerdamm und in de Dorotheenstraße 56 wohnte und er sich „soweit mit dem Dienste vereinbarlich (…) in seinem Lebensberufe weiter ausbilden konnte. Seine Berliner Militärzeit wird bedeutsam für seine späteren Werke zur Militärpolitik, aber auch durch seine „Hospitanz“ im Winter 1841 und Sommer 1842 an der Berliner Friedrich-Wilhelm-Universität, u. a. zu: „Die Finanzverfassung des Preußischen Staates“. 1885 schreibt er an Minna Kautsky: „….vergiften sie alle jebildeten Berliner…, bauen sie das ganze Nest von oben bis unten um, dann kann vielleicht noch was Anständiges draus werden. Solange aber der Dialekt da gesprochen wird, schwerlich.“ Die Berliner Küche wird ihm aus der Sicht des Kasernenessens für sein ganzes Leben zum Inbegriff von Armut und Einfallslosigkeit. Von der Überfahrt 1888 nach Amerika mit de „City Of Berlin“ schrieb er Bernstein: ,,… Wenn die Jardeleutnants wüssten, wie gut und wie viel es hier zu essen gibt, sie vertauschten das Berlin zu Lande (oder zu Sande) sofort mit dem zu Wasser.“
Der zweete Berlin-Besuch jestaltete sich versöhnlicher. Begleitet von Louise Kautsky, die ihm in London das Haus führte und ihm als Sekretärin zur Hand ging, ist er Gast des Ehepaares Bebel, Großgörschenstraße, und auch der Familie Liebknecht, in der Kantstraße. Hier trifft er Wilhelm wieder und lernt hier auch den 22jährigen Karl kennen. In den Concordia-Sälen, in der Andreasstraße 64, sagt er am 22. September 1893 vor rund 4000 Genossen eines Großen Festkommers der Berliner Sozialdemokratie: „Es sind, fast auf den Tag, 51 Jahre, dass ich Berlin zuletzt gesehen habe. Seitdem ist Berlin vollständig umgewandelt. Damals war es eine kleine sogenannte Residenz von kaum 350 000 Einwohnern und lebte vom Hof, vom Adel, von der Garnison und der Beamtenwelt. Heute ist es eine große Hauptstadt mit fast zwei Millionen Einwohnern, die von der Industrie lebt; heute könnten Hof, Adel, Garnison und Beamte sich einen anderen Wohnort suchen, und Berlin bliebe doch Berlin. Und die industrielle Entwicklung Berlins hat noch eine andere Umwälzung hervorgebracht. Damals gab es noch keinen Sozialdemokraten in Berlin; man wusste nicht einmal, was Sozialdemokratie war; heute, vor wenigen Monaten, hat man die Berliner Sozialdemokratie Revue passieren lassen, und sie ist aufmarschiert mit fast 160 000 Stimmen, und Berlin hat fünf sozialdemokratische Abgeordnete auf sechs Vertreter im ganzen. In dieser Beziehung steht Berlin an der Spitze aller europäischen Großstädte und hat selbst Paris weitüberflügelt.“
Die Freunde „schleppen“ den Zweiundsiebzigjährigen durch die Stadt und ihre Umgebung. Am Sonntagnachmittag des 17. September 1893 besuchte er eine Aufführung von Sudermanns „Heimat“.„Gestern waren wir in der Freien Volksbühne (…) das Lessing-Theater, eins der schönsten und besten Theater Berlins, war dafür gemietet worden (…), und man sieht Arbeiter und Arbeiterinnen in den Orchestersesseln und Logen, während die Bourgeoisie auf den Olymp verbannt ist. Das Publikum ist von einer Aufmerksamkeit, einer Hingabe, ich möchte sagen, von einer Begeisterung sans ègal. (…) Kein Wunder, dass die Schauspieler dieses Publikum jedem anderen vorziehen.“ Aus dem „Jägerschen Restaurant“, Kommandantenstraße, melden preußische Polizeispitzel am 26. September 1893 von etwa 80 Jenossen, darunter Bebel, Liebknecht, Auer, Zetkin: „…unterhielten sie sich durch Erzählungen, humoristische Vorträge, Klavierspiel und Tanz…“
Sein Verhältnis zu Marx beschreibt Engels in übergroßer Selbstbescheidenheit einmal: „Ich bin Marxens Adjutant. Das Talent neben dem Genie.“ Lebenslang war er von dem Bewusstsein beseelt, „er selbst könne nur Bausteine liefern, wohl auch beim Zeichnen des Grundrisses helfen, mehr nicht“. Und jejenüber Eduard Bernstein erzählte Engels: „Die einzigen Fragen, über die Marx und er einen ernsthaften Streit hatten, seien Fragen der Mathematik gewesen.“
Zwee Jahre späta mussten Bebel, Liebknecht und Singer nach London. Am 5. August 1895 war Friedrich Engels jestor’m. „Ungefähr fünf bis sechs Seemeilen vor Beachy Head, dem
bekannten Sandsteinfelsen vor Eastbourne, haben am 27.08.1895, die Avelings, der alte Kommunistenbündler Friedrich Lessner und meine Wenigkeit an einem recht stürmischen
Herbsttage die Urne mit der Asche unseres Friedrich Engels im Meer versenkt, so wie er es in seinem Testament verfügt hatte.“, berichtet Eduard Bernstein. Zudem hintaließ er ein
Vermöjen von 30 000 Pfund Sterling (etwa 600 000 Joldmark); dazu een jut injerichtetet Haus und die wertvollste Büchersammlung zur Jeschichte des Sozialismus, die et je jab.
Seine Bibliothek, seinen literarischen Nachlass und 20 000 Mark zu „Wahlzwecken zugewiesen“, vermachte er den deutschen Sozialdemokraten. „Sorgt also vor allem, dass ihr
das Geld bekommt“, heißt es in einem Brief zum Testament an Bebel und Singer. „…und wenn ihr’s habt, dass es nicht den Preußen in die Finger fällt. Und wenn ihr über diese
Punkte Beschluss fasst, so trinkt eine Flasche guten Wein dazu, solches tut zu meinem Gedächtnis.“
Da jesell’ ick ma doch dazu! Und sei vasichat: Wir bejejnen uns wieder! Im Jestern sowieso – aber ooch im Heute! Na, und morjen erst! Im UNESCO „Index Translationum“ aktuell auf
Platz 38 unter den Bestsellerautoren der Welt (einschließlich der Belletristik) Hochachtungsvoll, off Dein Wohl, Friedrich
Heli Lichtstral
13. September 2011